Centenaire Jean Rouch | Chronik eines Sommers

12. August 2017
20:30 - 22:30

In „Chronique d’un été“, dem Inbegriff des „Cinéma Vérité“, betreiben der Soziologe Edgar Morin und der Filmemacher und Ethnologe Jean Rouch Feldforschung im eigenen Lande. Den Begriff des „Cinéma vérité“ hat Jean Rouch bei Dziga Vertov, einem seiner Leitfiguren, entlehnt. Für Rouch ist das ‚Cinéma vérité’ keine Wundertechnik, sondern eine Methode, kein Mittel, die’ Wahrheit zu enthüllen (vorausgesetzt, dass sie überhaupt existiert), sondern eine Technik, die auf einer ‚wahrhaftigen’ Haltung gegenüber der Wirklichkeit basiert. Völlig neuartig an diesem Film ist etwa, dass Rouch und Morin im Film selbst einleitend ihre Methode präsentieren und am Ende zusammen mit den Interviewten ein Fazit über ihren Versuch ziehen.

Der Film ist gedreht im Sommer 1960. „Sind Sie glücklich?“ lautet die Frage, die das Filmteam an Pariserinnen und Pariser richtet, denen es zufällig auf der Straße begegnet. Gezielter ausgewählt sind hingegen die Personen, mit denen Rouch und Morin ausführlichere Gespräche führen und die sie auch an verschiedene Schauplätze begleiten. Die Aufnahmesituationen können sie dank eines „leichten“ Equipements so natürlich gestalten, wie man es bis dahin noch nie gesehen hatte. Zu Wort kommen im Film Arbeiter, Angestellte und Studenten, Weiße und Schwarze, darunter Persönlichkeiten wie Régis Debray, Che Guevara-Begleiter und späterer Kulturminister, oder Marceline Loridan, die Filmemacherin und Frau von Joris Ivens. Sie alle reden über Ihr Leben, ihre Arbeitsverhältnisse, ihre Konflikte, auch über den Algerienkrieg und über eine zurückliegende KZ-Erfahrung. Ein Film, der Filmgeschichte geschrieben hat.

R : Jean Rouch und Edgar Morin

F, O.m.engl.U , 1960 (90 Min.)

In Zusammenarbeit mit dem Institut Français Paris u. Berlin und der Antenne Métropole.